Swimatic | Geschichte des Kraulschwimmens
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Die kurze*Geschichte

des Kraulschwimmens 

Bevor wir in die Geschichte des Kraulschwimmens eintauchen, ist es wichtig zu definieren und zu klären, was wir unter Kraulschwimmen verstehen. Für die Kraultechnik trifft man immer wieder auf unterschiedliche Namen, wie z. B. Crawlschwimmen, Kraulschwimmen, Australian Crawl oder American Crawl. Sie alle bezeichnen jedoch den gleichen Schwimmstil, auf den wir nun konkreter eingehen. Die Bezeichnung Kraul oder im Englischen Front Crawl stammt vom australischen Schwimmer Dick Cavill, der seine eigene Schwimmtechnik mit dem «Crawling» auf Deutsch «Krabeln» durchs Wasser bezeichnete. Die Kraultechnik lässt sich grundsätzlich als abwechselnde Arm-  und Beinbewegungen definieren. Während ein Arm unter Wasser zieht und schiebt, holt gleichzeitig der andere Arm über dem Wasser aus. Dieser Ablauf findet abwechselnd von einer Seite zur anderen statt. 

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Die Bezeichnung Freistilschwimmen wird synonym zum Kraulschwimmen verwendet und ist eigentlich eine Kategorie bei Schwimmwettkämpfen bei allen Schwimmstilen ausser Rücken-, Brust- und Schmetterlingsschwimme zugelassen sind. Diese hat zur Folge, dass bei Wettkämpfen in der Kategorie Freistil die Kraultechnik praktiziert wird. 

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Das Kraulschwimmen ist nicht nur die schnellste, sondern auch der natürlichste Schwimmstil. Die asymmetrische Natur des Schwimmstils ähnelt dem Gehen, bei dem sich Arme und Beine rhythmisch abwechseln. Babys und Kinder führen oft instinktiv ein ähnliches asymmetrisches "krabbelndes" Bewegungsmuster im Wasser ohne Hilfe aus. 

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Überlieferungen haben gezeigt, dass die alten Ägypter (datiert auf ca. 2000 v. Chr.) bereits eine Art von Kraulschwimmen verwendeten, um sich durchs Wasser zu bewegen. Generell entwickelten die in Wassernähe lebenden Ureinwohner egal auf welchem Kontinent ihre eigenen individuellen Schwimmstile, von denen einige als frühe Versionen des Kraulschwimmens angesehen werden können. 

Die erste offizielle Erwähnung eines Kraulschwimmens wurde von der Zeitung The Times im Jahr 1844 im Kontext eines Wettkampfs vorgenommen. Darin wurde von einem Schwimmwettkampf in London berichtet, bei dem zwei amerikanische Ureinwohner, Flying Gull und Tobacco, das Wasser heftig mit ihren Armen wie die Segel einer Windmühle peitschten und mit den Füßen ins Wasser schlugen. Beobachter sollen schockiert gewesen sein über den Schwimmstil, der sich stark vom Brustschwimmen unterschied, welcher damals in europäischen Schwimmvereinen der einzige Wettkampfstil war.

 

Bei den ersten Olympischen Spielen der Neuzeit 1896 in Athen gewann der Ungar Hajós Alfréd die 100 Meter und 1200 Meter Freistilschwimmen mit einer frühen, aber effektiven Version des Kraulschwimmens. Hajós gab an, dass er diesen Schwimmstil von den Matrosen auf der Donau in Budapest gelernt habe. Die Mehrheit der Freistilschwimmer bei den ersten vier Olympischen Spielen benutzte damals einen Mischstil aus Kraularmzug und Brustbeinschlag, den sogenannten "Trudgen-Stroke", benannt nach dem englischen Schwimmer John Trudgen, der diesen Stil während seines Auslandsaufenthaltes von den Einheimischen aus Südafrika erlernt hat.

 

Um die Wende des 20. Jahrhunderts gab es noch keinen international anerkannten Stil für das Kraulschwimmen. Körper- und Kopfhaltung, Art und Intensität des Beinschlags, Koordination der Arme sowie das Ausmaß der Körperrotation waren von Land zu Land unterschiedlich. Neben den europäischen Schwimmkultur trugen auch die japanische, amerikanische und australische Schwimmgemeinschaften massgeblich zur Entwicklung des Kraulschwimmens bei. 

 

In den 1920er Jahren dominierte der Amerikaner Johnny Weismüller die Kurzstrecke Freistil-Schwimmwettkämpfe mit seiner einzigartigen Kraultechnik. Interessanterweise war seine Kopfposition extrem hoch über dem Wasser, was aus heutiger Sicht als Nachteil angesehen wird. Der Amerikaner gewann mehrere olympische Goldmedaillen und war der erste Mensch, der die 100 Meter Freistil in unter einer Minute schwamm. Nach seinem Rücktritt vom Leistungsschwimmen wurde Weismüller Schauspieler und erlangte Bekanntheit durch seine Filmrolle als "Tarzan"

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Die technische Verbesserung des Kraulschwimmens setzte sich im frühen 20. Jahrhundert fort und der Schwimmstil begann spezialisierte Formen anzunehmen. Die internationale Schwimmszene erkannte, dass es unterschiedliche Techniken gibt, um im Kraulstil effizient zu schwimmen. Die Schwimmer*innen begannen, ihre Schwimmtechniken an die unterschiedlichen Strecken und ihre körperlichen Fähigkeiten anzupassen. So entstanden Unterschiede in der Zugfrequenz, der Intensität des Beinschlages, dem Atemmuster und dem Ausmass der Körperrotation waren. Diese Hauptmerkmale lassen sich bis heute in den angewandten Kraultechniken unterscheiden.

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts sollten sich drei Schwimmer als die grössten ihrer Generation definieren: die beiden Amerikaner Montgomery und Biondi sowie Popov aus Russland. Ihre Technik war der heutigen Sprinttechnik schon sehr ähnlich, obwohl siedie Rückholphase (Überwasserphase) des Armzuges mit gebogenem Arm ausgeführten. Inzwischen hat sich die Verwendung der geraden Armposition während der Rückholphasein Sprintdisziplinen durchgesetzt.

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Die Anpassung der Kraultechnik an das Langstreckenschwimmen führte auch zu einigen herausragenden Leistungen, wie z.B. beim sowjetischen Schwimmer Wladimir Salnikow, der 1980 die 1500 Meter Freistil unter 15 Minuten schwamm und damit als erster Mensch die 15-Minuten-Marke in dieser Distanz durchbrach. Seiner Dominanz in den Langstrecken-(Pool-) Wettkämpfen folgten die drei Australier Perkins, Hackett und Thorpe. Es gab natürlich noch viele andere herausragende Schwimmer*innen, die die Entwicklung des Krausschwimmens beeinflusst haben, die hier aber aufgrund der Kürze dieses Artikels nicht erwähnt werden. 

 

Es ist wichtig darauf hinzuweisen, dass neben einzelnen Schwimmer und Schwimmerinnen und Trainern auch technologische Errungenschaften eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung der Schwimmtechniken spielten. So hat z. B. die Anwendung der Unterwasserbilderzeugung enorm zum besseren Verständnis des Kraulschwimmensbeigetragen. Es gibt zahlreiche Trainer und Sportwissenschaftler*innen, die moderne Schwimmtechniken beeinflusst haben. James "Doc" Counsilman zum Beispiel, dessen Arbeit den Sport entscheidend geprägt hat. Schwimmtechnik und Sportwissenschaft haben sich in der jüngeren Vergangenheit synchron verbessert, was zu einigen erstaunlichen Leistungen geführt hat. Die Weltrekordzeiten werden jedoch immer wieder hauchdünn verfehlt, was beweist, dass sowohl die physiologischen Kapazitäten des menschlichen Körpers als auch die aktuell angewandten Schwimmtechniken fast an ihre Grenzen stossen.

Aufgrund dieser Erkenntnisse besteht kein Zweifel, dass die Bedeutung der Schwimmtechnik nicht übersehen oder unterschätzt werden darf. Schwimmer*innen und Triathleten*innen aller Leistungsstufen sollten stets die bestmögliche Schwimmtechnik anstreben, um ihre Effizienz zu maximieren und die Wahrscheinlichkeit einer Verletzung beim Schwimmen zu verringern.

 

Die Kraulkurse von Swimatic sind darauf ausgerichtet, die Technik des Kraulschwimmens zu entwickeln und zu verbessern, damit sie sowohl effizient ist als auch den individuellen Zielen und Fähigkeiten entspricht. Wir betrachten das Kraulschwimmen nicht als starres Regelwerk, sondern als ein flexibles System. Neben evidenzbasierten Trainingsmethoden spielen auch persönliche Erfahrung und Innovation eine wichtige Rolle in unserer Trainingsphilosophie. 

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*Dieser Artikel erhebt keinen Anspruch an eine vollumfängliche Darstellung der Geschichte des Kraulschwimmens. Wir sind uns bewusst, dass viele Ereignisse, Personen und Vorgänge nicht erwähnt wurden, obwohl sie die Entwicklung des besprochenen Schwimmstilsbeeinflusst haben. Das Ziel dieser Lektüre ist es, einige Informationen in kurzer und leicht lesbarer Form zu vermitteln.

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